Inge Buck ist eine Poetin, die in wenigen Zeilen ihren eigenen Kosmos gestaltet. Sabine Schellhorn ist eine Künstlerin, die ortsbezogene Werke schafft.
Zusammen gestalten die beiden Schöpferinnen den INSEL_RAUM, der genreübergreifend erlebbar sein wird.
Sabine Schellhorn präsentiert das Projekt Insel_Organe: eine Serie von Linolschnitten und großen begehbaren Teppichschnitten.
Inmitten dieser Werke liest Inge Buck aus ihren Arbeiten Lyrik und Kurzprosa zum Thema Insel.
Inge Buck
Am Deich
Dieses Licht
am Deich
dieses Schaf
das gegen den Himmel steht
dieses Gras
das abgefressen ist
Dieser Himmel
dieses Licht
dieser Deich
dieses Schaf
dieses Gras
Inge Buck
Rhodos
In der Mittagsstille
nur der Ruf
einer Taube
der Duft
reifer Melonen
kein Wind
bewegt die Olivenbäume
ihr Schatten steht
schwarz und senkrecht
auf der steinernen Erde
Inge Buck
Seestück
Die Welt
aufbewahrt
in meinem Kopf
wenn ich erblinden würde
kämen die Bilder zurück
mit dem Schrei der Sturmmöwe
der Seeschwalbe
dem Ruf des Regenpfeifers
und des Brachvogels
mit dem Wellenschlag
dem Rauschen des Windes
meinen Schritten im Sand
Vorwort
zur Neuauflage 2024
Neun Jahre sind vergangen seit der Buchpremiere der Anthologie „Aus dem Gepäck der Kriegskinder“ im Jahr 2015, an der noch alle Autorinnen und Autoren sich mit ihren Texten an der öffentlichen Lesung beteiligen konnten.
Inzwischen sind aus dem Kreis der acht schreibenden “Kriegskinder“ bereits vier gestorben: Karlheinz Tauss wurde 80, Christine Mattner 83, Ursula Ziebarth 85 und Lisa Helms starb mit 102 Jahren.
Erst im letzten Abschnitt ihres Lebens konnten die “Kriegskinder“ ihre verschütteten oder verdrängten Erfahrungen im Rahmen des gemeinsamen Erinnerns zu Papier bringen, teils in Prosa und als Lyrik. Was damals zunächst im Rahmen eines eher pragmatischen Schreib-Workshops begann, ist heute von unschätzbarem Wert.
Die Aufzeichnungen der “Kriegskinder“ sind Zeitzeugnisse aus dem zweiten Weltkrieg, in denen die jeweils individuellen Erfahrungen zugleich für das Allgemeine stehen. Die “Kriegskinder“ haben, ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein, Zeitgeschichte geschrieben, die jetzt zum Eingedenken an die nächste Generation weitergegeben werden kann.
Darüber hinaus dokumentieren die Texte die seelischen und körperlichen Kriegserfahrungen der Kinder, die sich als Traumata lebenslang in ihre Biografie eingeschrieben haben.
Sie dokumentieren aber auch Kräfte des Überlebens, ein Bewusstsein des “carpe diem“. Eine früh schon erfahrene Fähigkeit und Notwendigkeit der “Kriegskinder“ das Heute zu nutzen, da man nicht weiß, was morgen sein wird.
Inge Buck
2024
PRESSETEXT:
Als die Gedichte und Prosatexte der "Kriegskinder" - sie waren zwischen 1934 und 1940 zur Welt gekommen - zum ersten Mal veröffentlicht wurden (2015) , musste das allgemeine Interesse an ihrer Generation erst noch geweckt werden. Europa schien seit längerer Zeit durch eine Friedensordnung gefestigt und durch Kriege nicht mehr bedroht zu sein.
Was im Rahmen eines Schreib-Workshops begann, ist heute von unschätzbarem Wert. Die Aufzeichnungen der "Kriegskinder" - inzwischen sind aus dem Kreis der acht Schreibenden bereits vier gestorben - sind Zeugnisse aus dem zweiten Weltkrieg, in denen die jeweils individuellen Erfahrungen zugleich für das Allgemeine stehen. Die "Kriegskinder" haben, ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein, Zeitgeschichte geschrieben
Heute zeigt sich, wie begründet dieses schriftliche Eingedenken gewesen ist – es war das seismographische Vorgefühl einer jederzeit möglichen, neuen Katastrophe. Es wurde offenbar, dass die Erlebnisse und Sehnsüchte, die Schreckensbilder und Traumata der Kinder des 2. Weltkriegs unverjährbar sind, dass sie ein zeitlos aktuelles Mahnmal darstellen.
Darüber hinaus bezeugen die Aufzeichnungen aber auch ein Bewusstsein des “carpe diem“, eine früh erfahrene Notwendigkeit und Fähigkeit der "Kriegskinder", das Heute zu nutzen, da man nicht weiß, was morgen sein wird.
Die letzten Häuser
Mathias Groll
Einige Häuser stehen noch
in der zerbombten Stadt.
Sie verschweigen dem Himmel,
dass sie noch Leben bergen.
Krieg will Tod.
Doch das Leben kennt Kräfte,
die der Krieg nicht kennt.
Erinnern
Inge Buck
Später
werden wir uns daran erinnern
Wunden werden zu Narben
Schmerzen zu Heldentaten
wenn wir vergessen haben
wird daraus eine Geschichte
BUCHPREMIERE:
25. April 2024
19 Uhr
Landeszentrale für politische Bildung
Bremen, Birkenstrasse 21 - 22
"Die Welt ist voll von großartiger Musik, man braucht meine nicht auch noch. Oder doch?"
(Ursula Görsch)
Briefwechsel mit Ursula Görsch zur Textauswahl für die Kantate
„ Der Weg zum Brunnen – über Meere und durch Wüsten“
Originaltexte
„Aus dem Gepäck der Kriegskinder“
(hrsg. Inge Buck)
Edition Falkenberg, Bremen 2015
Zuspiel aus CD Uraufführung 20. August 2017
„ Der Weg zum Brunnen – über Meere und durch Wüsten „
Kulturkirche St. Stephani
1.
….“ manchmal frage ich mich schon: warum tue ich das alles?" schrieb Ursula Görsch mir einmal in einer Mail . „Früh aufstehen, den Tag streng organisieren, von vielen privaten Aktivitäten zurückziehen, nicht nur wegen körperlichen Einschränkung, sondern wegen des Zeitgewinns - warum tue ich das? Die Welt ist voll von großartiger Musik, man braucht meine nicht auch noch. "Oder doch"? Ich kann mein (unsinniges?) Tun nicht erklären, nicht begründen. Ich m u s s es einfach tun. Ist das Grund genug?
Weißt Du, was für mich das Wichtigste an unserer Verbindung ist? Dass ich mich verstanden fühle, gerade weil Du nicht aus der Musik kommst und es dadurch zu Grundfragen des künstlerischen Daseins kommt.“ So Ursula Görsch.
Der Austausch zwischen Text und Musik zieht sich als roter Faden durch unsere Korrespondenz und Gespräche. Ein Schwerpunkt dabei war vor allem ihre Arbeit an der Kantate „Der Weg zum Brunnen – über Meere und durch Wüsten“, die 2017 anlässlich ihres 85. Geburtstages in der Kulturkirche St. Stephani uraufgeführt wurde. In unserer Korrespondenz ging es dabei immer wieder um Fragen der Textauswahl für die Vertonung des aktuellen Themas der Kantate: „Die Fluchtbewegung von Ost und Süd nach Europa“.
Ursula Görsch, 1932 geboren ist - wie auch ich - ein „Kriegskind“. „Die Texte“, so schreibt sie in der Einleitung zum Booklet der Kantate „schildern Ereignisse, die mir aus dem Zweiten Weltkrieg bekannt sind. Warum nun diese musikalische Aufarbeitung so vieler schrecklicher Bilder? Die Kantate ‚Der Weg zum Brunnen‘ ist, unabhängig von den jeweiligen Lebensumständen, die Aufforderung, einen eigenen Lebensweg zu finden.“
Fast zeitgleich mit Ursulas Arbeit an der Kantate hatte ich unter dem Titel „Aus dem Gepäck der Kriegskinder“ Texte von Autorinnen und Autoren meiner Kriegsgeneration gesammelt und herausgegeben,
(Zitat)„Erinnerungen, die ungewollt aufstiegen aus dem inneren Gepäck der Kriegskinder, Texte aus dem Blickwinkel des Kindes mit dem Wissen von heute. Eingebrannte Bilder, die nach über 70 Jahren zur Sprache kamen.“
Es hat mich gefreut und berührt, dass Ursula aus der Anthologie der „Kriegskinder“ Texte für ihre Kantate ausgewählt hat - teils vertont, teils gesprochen.
26. November 2023 - Totensonntag
18:00 Uhr
Hochschule für Künste, Bremen
Dechanatstrasse
An seinem zweiten Todestag wollen wir unserem wertgeschätzten Autor Doğan Akhanli gedenken.
Wir lesen aus seinem Werk „Madonnas letzter Traum“, das 2019 im Sujet Verlag erschienen ist und ein perfektes Beispiel darstellt, wie Akhanli Genozide des 20. Jahrhunderts auf eine grandiose literarische Art bearbeitet. Außerdem haben wir die Ehre, Ausschnitte aus dem noch unveröffentlichten Roman „Sankofa“ vorstellen zu dürfen, der bisher noch von Recai Hallaç übersetzt wird und 2024 im Sujet Verlag erscheinen
wird.
Zum Autor:
Doğan Akhanlı, 1957 in der Türkei geboren und im Oktober 2021 in Berlin gestorben, hat zahlreiche Romane und ein Theaterstück verfasst. 1991 kam er als politischer Flüchtling nach Deutschland. Seit 1992 lebte er in Köln, später in Berlin. Sein Kernthema ist die Auseinandersetzung mit den Genoziden des 20. Jahrhunderts. Aufgrund seiner politischen Haltung war er mehrfach in der Türkei inhaftiert und zuletzt aufgrund eines türkischen Haftbefehls 2017 in Spanien, worüber er das Buch „Verhaftung in Granada“ schrieb.
2013 erhielt er den Pfarrer-Georg-Fritze-Preis in Köln, 2018 den Europäischen Toleranzpreis in Österreich und 2019 wurde ihm die Goethe-Medaille verliehen. „Die Tage ohne Vater“ und „Madonnas letzter Traum“ zählen zu seinen wichtigsten Romanveröffentlichung.
Leseprobe
Aus: Dogan Akhanli „Verhaftung In Granada“
oder Treibt die Türkei in die Diktatur?
Kiepenheuer & Witsch, 2018 (2. Auflage)
Mir war bekannt, dass sich in der Zelle das Zeitgefühl veränderte. Dass die Nachte lang, die Tage kurz werde, ist eine Zeitverschiebung, um die jeder Häftling weiß. Eine halbe Million Menschen , die nach dem Putsch von 1980 im Gefängnis saßen, kennen das Gedicht Es wird früh am Abend im Gefängnis von Ahmed Arif, einem kurdischen Dichter, auswendig.
An diesem unwirtlichen Ort katapultierte ich mich, wie ich es 2010 in meinen Gefängnisnächten ebenfalls häufig getan hatte, in die Geborgenheit , an einen sicheren Ort, im mein an der Grenze zu Georgien liegendes, von Bergen eingezwängtes Gebirgsdorf in den Tagen meiner Kindheit.
In diesem Dorf am Ende der Welt stand meine Mutter im Morgengrauen auf, verrichtete im unteren Stockwerk unseres an drei Seiten von Balkonen umgeben Holzhauses ihr Morgengebet, fütterte die einzige Kuh, die wenigen Hühner und die unzähligen Katze, im Winter heizte sie den Ofen mit Kienholz, machte Tee, schaltete das Radio ein und sorgte so dafür, dass Vater mit Volksmusik geweckt wurde. Kurz danach wurden meine Geschwister und ich von einem Duft aus flammendem Holz, Milch, Tee, Rührei und geschmolzenem Käse aufgeweckt und stiegen ins Wohnzimmer hinunter. Wir frühstückten gemeinsam. Und mein Vater, der erste Lehrer des Dorfes, gleichzeitig auch derjenige, der Mutter lesen und schreiben beigebracht hatte, ging nach dem Frühstück sofort in die Schule.
Meine liebsten Erinnerungsbilder an meine Mutter haben immer mit Büchern zu tun. Mutter begnügte sich nicht damit, die Bücher selbst zu lesen. Nachmittags sammelte sie uns Kinder um sich und las uns vor. Als ich mit zwölf Jahren das Dorf verließ, um aufs Gymnasium zu gehen, war ich auf all das fremde Leben vorbereitet, das dank der Romane längst Einzug in unser Dorf gehalten hatte.
PROGRAMMABLAUF
1. Begrüßung
Madjid Mohit
2. Aus: Insa Wilke, Laudatio zur Verleihung der Goethe-Medaille
Weimar 28. August 2019
Inge Buck
3. Dogan Akhanli Dankesrede
Einspielung
4. Aus Dogan Akhanli „ Verhaftung in Granada“ (2018, 2. Auflage)
Inge Buck
5. Prolog zu "Madonnas letzter Traum“ (2019)
Cornelius Kopf-Finke
6. Ausgewählte Textstellen aus "Madonnas letzter Traum“
mit Bildeinblendung
Jürgen Meyhöfer“
7. Epilog zu "Madonnas letzter Traum“
Cornelius Kopf-Finke
8. Dogan Akhanli „Sankofa“ (unveröffentlicht)
Kurzbeschreibung
Madjid Mohit
9. Aus Dogan Akhanli„ Sankofa“
Leseprobe
Inge Buck Cornelius Kopf-Finke
GEDENKVERANSTALTUNG Doğan Akhanli
Sujet Salon Text ’n Art
Bornstraße 18
Dienstag, 31. Oktober 2023
18:00 Uhr
Um 1900 findet in Deutschland und Europa eine wahrhafte „Zeitenwende“ in den Künsten statt. Spätromantische Musik wird von impressionistischen und nicht-tonalen Klängen aufgestört. Poetisch geben Expressionisten und Dadaisten den Worten und ihren Klängen
neue Freiheit. Alte Gewissheiten verlieren ihre Kraft, machen Experimentierbereitschaft und neuen Risiken Platz.
„Début de siècle“ gibt sinnliche Eindrücke dieser Zeitenwende. Juliane Busse (Piano) und Ulrich Mückenberger (Klarinette) spielen Stücke von Reger, Fauré und Busoni und konfrontieren die früher Moderne Schönbergs, Bergs, Skriabins und Stravinskys. Doris Bollinger, Inge Buck und Evelyne Augis tragen dazu Gedichte von Rilke, Hesse, Verlaine, Baudelaire, aber eben auch von Eich, Bachmann, Schwitters und Ausländer vor.
Die Spannung zwischen romantischer Tradition und frühmodernem Aufbruch in der Jahrhundertwende drückt Cornelius Kopf-Finke mit Auszügen aus Stefan Zweigs „Welt von Gestern“ aus.
Was wir präsentieren, ist eine zeitbezogene Collage aus Musik – einzelne Sätze, zuweilen kurze assoziative Auszüge – und Poesie – überwiegend aus dieser Zeit (die vorgetragenen „Haikus“ sind zeitlos!). Zeit innezuhalten bieten Zweigs schriftstellerisch-historische Zwischentexte, die mit dem Vorschein des 1. Weltkrieges enden. Unsere Collage erlaubt vielleicht ein tieferes Sich-Hineinversetzen in diese Zeitenwende als der bloße Blick in Geschichtsbücher.
Rondel
Verflossen ist das Gold der Tage,
Des Abends braun und blaue Farben:
Des Hirten sanfte Flöten starben
Des Abends blau und braune Farben
Verflossen ist das Gold der Tage.
Georg Trakl
( Salzburg 1887 – 1914 Krakau)
Wie die Vögel
(1914)
Wie die Vögel, welche an den großen
Glocken wohnen in den Glockenstühlen,
plötzlich von erdröhnenden Gefühlen
in die Morgenluft gestoßen
und verdrängt in ihre Flüge
Namenszüge
ihrer schönen
Schrecken um die Türme schreiben:
können wir bei diesem Tönen
nicht in unsern Herzen bleiben
Rainer Maria Rilke
(1875 Prag – 1926 Montreux)
Termin:
Freitag, 22. September 2023
19 Uhr
Villa Sponte Zeitkultur e.V.
Osterdeich 59B
28203 Bremen
Konzept und Gestaltung:
Doris Bollinger, Inge Buck, Juliane Busse, Ulrich Mückenberger
Es lesen:
Evelyne Augis
Doris Bollinger
Inge Buck
Cornelius Kopf-Finke
Musik:
Juliane Busse
Klavier
Ulrich Mückenberger
Klarinette
Sujet Salon Text ’n Art, Bornstraße 18
zweisprachige Lesung
Mittwoch, 23. August 2023
19:00 Uhr
Moderation: Inge Buck
Garous Abdolmalekian zählt zu den wichtigsten Stimmen der iranischen Lyrikszene und ist eine kritische Stimme der jungen Generation. Vor kurzem war er in Italien unterwegs, wo er den Literaturpreis Roddi erhielt. Nun kommt er nach Deutschland. Seine erste Gedichtsammlung, 2003 veröffentlicht, brachte ihm den Karnahmeh-Preis für den Lyrikband des Jahres ein. Auch weitere seiner Werke wurden im In- und Ausland ausgezeichnet.
Abdolmalekian liest aus einer Auswahl seiner Gedichte, die Jutta Himmelreich ins Deutsche übersetzt hat und die im Jahr 2021 unter dem Titel „Als der Krieg zu Ende war, brachte der Frieden die Menschen um“ im Sujet Verlag veröffentlicht wurde.
Fragen zur Übersetzung und Übersetzbarkeit an die Übersetzerin Jutta Himmelreich
Wie kann, wie darf man sich die Lyrik-Übersetzung vom Persischen ins Deutsche rein praktisch vorstellen, die ja keine rein sachliche Übersetzung ist, sondern eine Übertragung ist?
Dazu hier zwei Beispiele unterschiedlicher Übersetzungen zu Versen von Abdolmalekian aus dem Persischen ins Deutsche:
ALI ABDOLLAHI / KUR SCHARF
Ohne Titel
Vergiss
Das Maschinengewehr
Den Tod
Und denk an das Abenteuer einer Biene
Die inmitten eines Minenfeldes
Auf der Suche nach einem Blütenstängel ist.
JUTTA HIMMELREICH
Ohne Titel 6
Vergiss
das MG
den Tod
und stell dir die Biene vor
die mitten in einem Minenfeld
nach einer Blume sucht
ALI ABDOLLAHI / KUR SCHARF
Ein Dieb im Dunkeln starrt auf ein Gemälde
JUTTA HIMMELREICH
Im Dunkeln versinkt ein Dieb den Blick
in ein Gemälde
Die zweisprachige Lesung am 23. August ab 19 Uhr ist eine Kooperation des Sujet Verlages mit dem Bremer Literaturkontor e.V. und dem Verein West-Östlicher Diwan Bremen: interkultureller Austausch e.V.
Inge Buck
Bremen
Ich wohne
in dieser Stadt
hinter einem Vorhang
aus Regen
aus Straßenbahngeräuschen
hinter dem Zwitschern der Vögel
vor einem rotglühenden Abendhimmel
über den manchmal lautlos
ein Heißluftballon schwebt
Aus:
"Die Welt ist ein Septembertag -
Lyrik im west-östlichen Dialog"
Inge Buck, Madjid Mohit
Sujet Verlag, Bremen 2022
© Foto: Godewind 2013 /Wikipedia
Die Welt ist ein Septembertag
Gedichte
Inge Buck und Madjid Mohit
Zweisprachige Lesung (deutsch-persisch)
Mittwoch, 21. Juni 2023
19:30 Uhr
Altes Rathaus Hemelingen
Rathausplatz 1
28309 Bremen
Zwei Lyrikstimmen im poetischen Dialog: Gedichte und Schriftzeichen auf Deutsch und auf Persisch von Inge Buck und Madjid Mohit.
Es lesen: Inge Buck, Madjid Mohit, Cornelius Kopf-Finke.
Musikalische Begleitung: Otto Maier auf der Hang (Einspielung)
Eine Veranstaltung des Sujet Verlages Bremen in Kooperation mit Impuls e.V., Altes Rathaus Hemelingen
Eintritt frei / Spenden erwünscht
Die Welt ist ein Septembertag
Gedichte
Inge Buck und Madjid Mohit
Zweisprachige Lesung (deutsch-persisch)
Mittwoch, 21. April 2023
19:30 Uhr
Bürgerverein Horn-Lehe e.V
Neues Ortsamt
Leher Heerstraße 105
28359 Bremen
Zwei Lyrikstimmen im poetischen Dialog: Gedichte und Schriftzeichen auf Deutsch und auf Persisch von Inge Buck und Madjid Mohit.
Es lesen: Inge Buck, Madjid Mohit, Cornelius Kopf-Finke.
Musikalische Begleitung: Otto Maier auf der Hang (Einspielung)
Eine Veranstaltung von Bürgerverein Horn-Lehe e.V
in Kooperation mit dem Sujet Verlag Bremen
Eintritt: 10,00 €
Pressemitteilung:
Die Welt ist ein Septembertag
Sonntag, am 19. März 2023
16:00 Uhr
Parkhotel Bremen, Im Bürgerpark 1
Bremen, 28209
Einlass: ab 15 Uhr
Start: 16 Uhr
Zwei Lyrikstimmen im poetischen Dialog: Gedichte und Schriftzeichen auf Deutsch und auf Persisch von Inge Buck und Madjid Mohit.
In der Anthologie „Die Welt ist ein Septembertag“ werden alle Gedichte in Text und Schrift zweisprachig vorgestellt. In Gesprächen über Bilder, Worte und Geschichten wurden die Gedichte im poetischen Austausch in die jeweils andere Sprache übertragen, die deutschsprachigen Gedichte ins Persische, die persischen Gedichte ins Deutsche.
Neben den sprachlichen Übertragungen korrespondieren die Gedichte von Inge Buck und Madjid Mohit auch noch auf einer zweiten Ebene. In der Gegenüberstellung der Gedichte begegnen sich auf besondere Weise lyrische Muster. Es sind unter anderem Motive zu Zeit, Angst und Traum, zu Augenblick, Ferne und Freiheit die sich auf den Seiten des Gedichtbandes zweisprachig gegenüberstehen.
Der lyrische Dialog zwischen den Gedichten von Madjid Mohit und Inge Buck steht zugleich in einem Spannungsfeld zwischen westlicher und
östlicher Welt, zwischen Fremdheit und Vertrautheit, Nähe und Ferne, konnotiert von den eigenen kulturellen und biografischen Erfahrungen. Ein Abenteuer der Begegnung in Wort, Text und Schrift.
„Jahre verweht/vergessen/wie Zeit/die nie gewesen“
schreibt Inge Buck und auf der gegenüberliegenden Seite antwortet Madjid Mohit:
„Immer suche ich/die abgetragenen
Schuhe/In der Tasche der Zeit versteckt.
Über die Mitwirkenden:
MADJID MOHIT ist Verleger, Übersetzer, Herausgeber und Lyriker. Er gründete 1996 den Sujet Verlag, der seit Beginn bis heute verfolgten Autorinnen und Autoren eine Stimme gibt. Er verlegt unter anderem zweisprachige Bücher aus dem Persischen, Französischen, Spanischen, und Indonesischen. 2015 wurde Madjid Mohit mit dem renommierten Hermann Kesten-Preis des PEN ausgezeichnet, Ende 2018 erhielt er den Bremer Diversity Preis.
CORNELIUS KOPF-FINKE ist Vorleser und Rezitator, er wirkt bei vielen literarischen Veranstaltungen und Buchpremieren mit, er hat unter anderem auch Hörbücher eingelesen. Zudem ist er Organisator des Literarischen Quartiers Bremen, wo er mit großem Engagement die monatlichen Veranstaltungen organisiert und als Lesender auftritt.
OTTO MAIER ist Musiker, Percussionist und spielt auf der Hang, einem Musikinstrument, das er kunstvoll beherrscht und das in der Schweiz entwickelt wurde. Er leitet u.a. musikalische Workshops und gibt Einzel- und Gruppenunterricht.
Eintrittspreis: 20 €
Anmeldungen über: Bankett.bremen@hommage-hotels.com
„Der lyrische Dialog zwischen den Gedichten von Madjid Mohit und Inge Buck steht zugleich in einem Spannungsfeld zwischen westlicher und östlicher Welt, zwischen Fremdheit und Vertrautheit, Nähe und Ferne, konnotiert von den eigenen kulturellen und biografischen Erfahrungen. Ein Abenteuer der Begegnung in Wort, Text und Schrift."
So steht es in der Pressemitteilung. Genauer kann man es kaum ausdrücken, was wir hier vor uns haben. Aber damit beginnt erst die eigentliche Arbeit am Text. Ich habe mich für den gegebenen Anlass auf ein Gedicht beschränkt. Es wird im Titel der heutigen Veranstaltung zitiert, stammt von Madjid Mohit und beginnt mit den Worten:
"Die Welt ist ein Septembertag wie heute". Es geht also um einen bestimmten Tag, an dem die Welt so erscheint. Und wohl auch um einem bestimmten Ort. "Die Sonne gibt sich Mühe durch die dicken Wolken zu kommen". Vermutlich sind wir also in Bremen und damit an einem der
Pole des interkulturellen Austauschs.
Dazu passt auch das gegenüber abgedruckte Gedicht von Inge Buck:
"Schon spüre ich den Geruch fallenden Laubs, schon liegt die Grasnarbe bloß".
Das erinnert an ein früheres Gedicht von Inge Buck namens "Septemberkraut", das von den Herbststürmen handelt. Aber warum immerfort September? Wir sind schließlich im März. Und wie mag das die persischen Leser:innen anmuten? Diese könnten ja auf die Idee kommen, dass es in Bremen hauptsächlich solche Septembertage gibt. Zum Beweis des Gegenteils müssten sie die persische Version eines anderen Gedichtbandes von Inge Buck zur Hand haben, in welchem vom "fahlen Grün der Wiesen in Märzlicht“ die Rede" ist und auch von der "Absichtslosigkeit eines Sommertags, der Geduld einer Kaktusblüte, der Zeitlosigkeit einer Ameise, der Verlässlichkeit des Schattens".
Natur pur.
Man könnte auch darüber spekulieren, ob Madjid Mohid sich von Inge Bucks Gedichten hat inspirieren lassen. Die er ja seit 1999 immer wieder gedruckt hat. Aber sein eigenes Gedicht "Septembertag heute" verlässt die Naturlyrik mit dem Schlusssatz. Dieser lautet: "und wir lesen
keine Nachrichten mehr".
Potzblitz, par bleu! Was für ein kalter Hauch kommt da auf uns zu, aus dem sonnigen Orient?
Offenbar geht es um das unerträgliche Quantum an schlechten Nachrichten mit denen wir täglich überschüttet werden: Corona-Tote, Waffenlieferungen, Häuserzerstörungen, Hinrichtungen, Erdbeben. Solche Lyrik im west-östlichen Dialog hat es in sich und der Septembertag wirkt noch im März nach und weit über Bremen hinaus.
Dieser Dialog verweist, ebenso diskret wie deutlich, auf das großartige verlegerische Werk, welches Madjid Mohit in den letzten 25 Jahren in Bremen aufgebaut hat. Er hat berühmte Autoren aus dem Persischen und dem Arabischen übersetzen lassen. Aber er hat auch eine große Zahl von Autoren, die hierzulande noch nicht so bekannt sind, einem deutschen Publikum näher gebracht. Und zunehmend hat er zweisprachige Ausgaben herausgegeben, in denen Beispiele deutscher Lyrik dem Orient vermitteln werden und umgekehrt. All dies hat hohe Aktualität.
Damit könnte ich schließen, wenn nicht zwischen September und März sich etwas ereignet hätte, was geeignet sein könnte diese fruchtbare Art von Dialog zu verstärken und zu verstetigen. Damit meine ich eine Vereinigung, die sich im Dezember zusammengefunden hat.
Sie trägt den großen Namen "West-östlicher Diwan. Interkultureller Austausch" und ihre Vorsitzende ist Inge Buck. Sinn des Unterfangens ist es, dass dieser Austausch nach Kräften, privat und staatlich angemessen gefördert und präsentiert wird. Sie alle, liebe Zuhörer:innen sind schon jetzt eingeladen, demnächst auf diesem Diwan Platz zu nehmen.
Johannes Feest
Texte von Inge Buck und Gunther Gerlach
Übersetzungen ins Persische: Madjid Mohit
1. Gunther Gerlach: Nie genug
2. Inge Buck: Sommer 2022
3. Übersetzung ins Persische: Madjid Mohit
4. Inge Buck: Kein Herbst
5. Übersetzung ins Persische: Madjid Mohit
6. Gunther Gerlach: Für Neruda. Pablo
7. Inge Buck: Es gibt keinen Sommer mehr
8. Übersetzung ins Persische: Madjid Mohit
Kein Herbst
Das Rot der Eberesche
fast wie immer
und doch kein Herbst
am Ende eines Sommers
Die Bäume schweigen
im glutheißen Wind
halten still
wenn die Blätter verdorren
Aus: Inge Buck. Nachtwind. Gedichte.
Sujet Verlag Bremen, 2019
Sommer 2022
Während Salman Rushdie
niedergestochen wird
ertönt aus dem Radio
Barockmusik
steht die Sonne
glutheiß am Himmel
brennen die Wälder
verenden die Fische
verdorren die Blumen
versengt der Rasen
kehren Badende
heim vom Strand
schweigen die Vögel
Aus: Inge Buck und Madjid Mohit. Die Welt ist ein Septembertag.
Lyrik im west-östlichen Dialog. Gedichte deutsch - persisch, persisch - deutsch
Sujet Verlag Bremen, 2022